Kirchen beschäftigten sich mit „Rüstungsexporte in Zeiten des Krieges“
22. Apr 2024
Die evangelischen und katholischen Kirchen in Baden-Württemberg haben sich am 19. April in Stuttgart im Rahmen eines Fachtags mit dem Thema Rüstungsexporte auseinandergesetzt. Im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen mit Vertretern aus Kirchen, Zivilgesellschaft und Rüstungsindustrie stand dabei die Frage, wie es mit dem im Koalitionsvertrag der Ampelregierung vereinbarten Rüstungsexportkontrollgesetz weitergeht.
Die Eckpunkte des Gesetzentwurfes sehen einen restriktiveren und transparenteren Umgang mit Rüstungsexporten vor, der an klaren Kriterien wie Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit orientiert ist, so der Tübinger Rechtsanwalt Holger Rothbauer. Den Kirchen sei es vor allen Dingen zu verdanken, dass eine solche Vereinbarung überhaupt in den Koalitionsvertrag gekommen sei, weiß Rothbauer, der auch Mitglied der Fachgruppe Rüstungsexporte der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) ist.
Leider habe sich die politische Stimmung im Land in puncto Rüstungsexporte seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gedreht, stellt Rothbauer fest. Vor diesem Hintergrund hegt der Tübinger Experte für Rüstungsexporte große Zweifel, ob das vereinbarte Rüstungsexportkontrollgesetz in dieser Legislaturperiode überhaupt noch finalisiert werden wird; und das, obwohl doch die Waffenlieferungen an die Ukraine völkerrechtlich einen völlig anderen Status haben als beispielsweise Rüstungslieferungen an die Ölmonarchien im Nahen Osten, wie Holger Rothbauer erklärt, der auch die Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ juristisch vertritt.
Die Bundesregierung hat nach Angaben von Holger Rothbauer im Jahr 2023 die Ausfuhr von Rüstungsgütern im Wert von 12,2 Milliarden Euro erlaubt, wovon etwa ein Drittel davon auf die Ukraine entfiel. Dieser Rekordwert entspricht einer Steigerung von fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr und übertrifft noch einmal das bisherige Rekordjahr 2021.
Zu den Referenten des kirchlichen Fachtages, der von der Ökumenischen AG Rüstungskonversion und Kleinwaffenexportverbot in Baden-Württemberg der beiden Landeskirchen und (Erz-) Diözesen vorbereitet und durchgeführt wurde, gehörten neben Holger Rothbauer auch Philipp Steeg von Greenpeace, der eine Studie mit dem Titel "Revolving Doors - Wie Politik und Rüstungsindustrie gemeinsame Sachen machen" vorstellte (siehe Downloadbereich), sowie die Theologinnen Therese Feiler (LMU München) und Katerina Pekridou (Konferenz Europ. Kirchen, Brüssel). Zudem waren die Friedensaktivistin Sandra Klaft (peace for future, Frankfurt) und der Betriebsrat Alexander Heiling (Betriebsrat MDBA, Schrobenhausen) als Gesprächspartner nach Stuttgart gekommen.
Foto: Holger Rothbauer (copyright: Stefan Schwarzer)