Einfach miteinander reden?
29. Sep 2021
Menschen über aktuelle Themen in Gesellschaft und Kirche in Kontakt und in Austausch zu bringen: Das war das Ziel des zweiten Aktionstages auf dem Lindenberg bei St. Peter, der sich dieses Mal mit dem Thema „Einfach miteinander reden – zu den Gesprächs(un)kulturen in unserer Gesellschaft“ auseinandergesetzt hat.
Dazu eingeladen hatten die Katholische Akademie Freiburg, Friedensarbeit und Exerzitien im Gäste-und Exerzitienhaus Maria Lindenberg, die Fachbereiche Friedensbildung/pax christi und Frauen-Männer-Gender im Erzbischöflichen Seelsorgeamt Freiburg sowie die Ökumenische Erwachsenenbildung Titisee-Neustadt e. V.
Mit dem Aktionstag angesprochen werden sollten Multiplikator:innen kirchlicher und anderer zivilgesellschaftlicher Gruppen, Verbände und Institutionen, sowie Interessierte, die sich beispielsweise in der Jugendarbeit oder für Flüchtlinge und Migrant:innen, in friedensethischen oder ökologischen Themen engagieren und die dabei selbst vor der Herausforderung stehen, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen.
Am Beginn des Tages stand zunächst eine gemeinsame Wegstrecke vom Gallihof im Ibental bei Buchenbach hoch zur Wallfahrtskapelle auf dem Lindenberg. Diese Wegstrecke wurde geprägt von kurzen Unterbrechungen, bei denen die Multiplikator:innen in wenigen Minuten von ihrer jeweiligen Institution sowie von ihrer Arbeit berichten konnten.
Eine von ihnen war Hannah Biller. Zu den Aufgaben der Leiterin des im Jahr 2020 gegründeten Referates „Kirche in Gesellschaft und Politik“ im Erzbischöflichen Seelsorgeamt gehört es, Angebote der politischen Bildung innerhalb der Erzdiözese Freiburg zu entwickeln und zu koordinieren. Darüber hinaus geht es ihr in ihrer Arbeit darum, aktuelle gesellschaftliche Debatten zu beobachten und diese dann mit Kooperationspartner:innen für den innerkirchlichen Diskurs aufzubereiten. Hier den Überblick zu behalten und zu entscheiden, an welcher Stelle man damit anfängt und wo der größte Bedarf in puncto „Einfach miteinander reden“ besteht, gehört wahrscheinlich zu den größten Herausforderungen ihrer täglichen Arbeit.
Vor ganz ähnlichen Herausforderungen – freilich im säkularen Bereich und auf die Region Freiburg beschränkt – steht Dagmar Große. Als Geschäftsführerin und Bildungsreferentin des „Eine Welt Forums“ versucht sie, die unterschiedlichsten Initiativen, Einrichtungen und Vereine, die sich in diesem Forum zusammengeschlossen haben, miteinander zu vernetzen und sie bei ihrer Bildungsarbeit oder gemeinsamen Veranstaltungen für eine nachhaltige und global gerechte Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen.
Karen Hinrichs war eine weitere Impulsgeberin an diesem spätsommerlichen Aktionstag. Als Leiterin des im Jahr 2020 gegründeten Instituts für Friedenspädagogik an der Evangelischen Hochschule Freiburg entwickelt sie in Kooperation mit verschiedenen Akteuren aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft Perspektiven für soziale Transformation, Konfliktbearbeitung und politische Veränderungen. Ganz aktuell startet an ihrem Institut der neu gegründete Studiengang für Friedenspädagogik.
Philipp Kleisz, Referent der Fach- und Servicestellen Politik und Globales Lernen in der Jugendabteilung des Erzbischöflichen Seelsorgeamtes sowie der junge peruanische Freiwillige Victor eröffneten mit ihrem Beitrag nicht zuletzt anhand ihres unterschiedlichen Kartenmaterials ganz verschiedene Perspektiven auf die große weite Welt.
Demgegenüber eröffnet die Lehrerin Gertraud Wiskandt einen Einblick in den kleinen Kosmos eines Hochschwarzwälder Gymnasiums. Zusammen mit einem ihrer Schüler berichtete die Lehrerin am Kreisgymnasium Titisee-Neustadt davon, wie sich derzeit 43 Schülerinnen und Schüler für ein gutes Miteinander an der Schule engagieren: ob als Streitschlichter oder als Schülermedienmentoren, also als Ansprechpartner bei Stress im Netz.
An der Wallfahrtskirche Maria Lindenberg angekommen, beschloss mit Theodor Ziegler einer der Initiatoren der Initiative „Sicherheit neu denken“ schließlich den Stationenweg mit seinem Impuls. Anschaulich berichtete Ziegler davon, welche Herausforderung es für seine Initiative und auch ihn selbst darstellt, in Kirche, Politik und Gesellschaft für eine Sicherheitspolitik zu werben, die weg kommt von einer Politik, die "Verantwortung" als militärische Stärke und Intervention missversteht, und die stattdessen hin zu einer Politik der Gewaltprävention und der Kooperation führt.
Und so wie alle anderen Impulsgeber:innen, berichtete auch Ziegler von seinen ganz persönlichen - positiven wie negativen Erfahrungen - beim Versuch, einfach miteinander ins Gespräch zu kommen: Hier voneinander zu lernen, dafür hatte die Wegstrecke zur Wallfahrtskirche auf dem Lindenberg an diesem Tag immer wieder eine gute Gelegenheit geboten.
Den zweiten Schwerpunkt dieses Vernetzungs- und Austauschtages setzte dann Nicole Broder von der Bildungsstätte Anne Frank aus Frankfurt/Main. Die Bildungsreferentin erläuterte den Teilnehmer:innen in ihrem Vortrag die Entstehungsgeschichte und die Bildungsarbeit ihrer Einrichtung, die sich am ehemaligen Wohnort Anne Franks aus einer Bürgerinitiative heraus gegründet hatte und die seitdem vor allem als Lernort für die Bildungsarbeit mit jungen Menschen zum Thema Rassismus und Antisemitismus dient. Zudem sensibilisierte die Frankfurterin die Teilnehmer:innen dieses Aktionstages mit praktischen Übungen für verschiedene Formen der Diskriminierung.
Als Fingerzeig der Veranstalter:innen, dass „miteinander sprechen“ und „aufeinander hören“ zwei Seiten einer Medaille sind, könnte schließlich das den Aktionstag abrundende Orgelkonzert mit Klaus Nepple in der Wallfahrtskirche interpretiert werden. Den Tag zum Nachklingen brachte dieser musikalische Abschluss aber in jedem Fall.