2012_125 Jahre Max Josef Metzger
"Es war
ja immer mein Verhängnis, dass ich der Zeit etwas voraus war und daher nicht
verstanden werden konnte." Diese Lebensbilanz zog der katholische Priester
Max Josef Metzger im August 1943 in einem seiner letzten Briefe aus der
Berliner Todeszelle. Nach einem Schauprozess und der Verurteilung als
Volksverräter und Kritiker des Nationalsozialismus wurde Metzger am 17. April
1944 hingerichtet. In zwei unmittelbar vor seiner Enthauptung verfassten
Abschiedsbriefen bekannte der aus dem Erzbistum Freiburg stammende Geistliche,
er habe Gott sein Leben angeboten "für den Frieden der Welt und die
Einheit der Kirche". Metzger wurde vor 125 Jahren (3. Februar) im
südbadischen Schopfheim geboren. Der katholische Geistliche gilt heute als
Visionär, der schon früh in einer Fülle von Schriften Ideen für ein
friedliches, vereinigtes Europa entwarf. Bis heute ist er indes öffentlich kaum
bekannt. Und auch innerkirchlich erinnerten sich lange nur wenige an ihn. 2006
wurde sein Seligsprechungsprozess eröffnet, der nach Angaben des Freiburger
Erzbischofs Robert Zollitsch nun rasch vorangebracht werden soll. Nach Sichtung
einer Fülle von Briefen, theologischen Abhandlungen, Predigten, Gedichten und
Liedern, die Metzger hinterlassen hat, sollen bis Jahresende die
zusammenfassenden Abschlussberichte der Freiburger Theologen- und
Historikerkommission an die letztlich entscheidenden Stellen im Vatikan
übergeben werden. Signale aus Rom deuteten darauf hin, dass die Vorarbeiten nun
für eine Entscheidung über eine Seligsprechung und Anerkennung als Märtyrer
ausreichten, hieß es. Metzger hatte schon 1917, noch während des Ersten
Weltkriegs, ein "Internationales religiöses Friedensprogramm"
verfasst, zu dem sich der damalige Papst Benedikt XV. lobend äußerte. 1939 bat
Metzger Papst Pius XII. in einem Brief um die Einberufung eines ökumenischen
Konzils unter Beteiligung auch der nichtkatholischen Christen - mit dem Ziel,
die Kirchenspaltung zu überwinden. 1943 entwarf er auf der Grundlage christlicher
Werte ein Memorandum mit Vorschlägen zur Neuordnung Deutschlands nach der für
ihn unvermeidlichen Niederlage und Einbindung in ein vereintes Europa. Dieses
Schriftstück übergab er einer Gestapo-Agentin, die sich scheinbar für seine
Arbeit interessierte. Metzger wurde verhaftet und in einem Schauprozess zum Tod
verurteilt. Er hatte es gewagt, den Sturz des Dritten Reichs vorauszusagen.
Weitere Visionen Metzgers hat die Geschichte bestätigt. So wurde das Konzil von
Papst Johannes XXIII. 1962 auf den Weg gebracht. Auch seine Idee von einem in
ein vereintes Europa integrierten Deutschland ist längst verwirklicht. Vor dem
Hintergrund der derzeitigen Finanzkrise besitzt eine Mahnung von ihm aus dem
Jahr 1939 weiterhin Aktualität: In einem Aufsatz prangerte er Geldsucht, Ehr-
und Herrschsucht als "dreifachen Spuk des dämonischen Zeitgeistes"
an. Als Gegengewicht empfahl Metzger die Besinnung auf die Bergpredigt. Die
damalige Realität sah er von Verlogenheit, Habgier und Ungerechtigkeit
bestimmt.
Max Josef Metzger starb am 17. April 1944, eine Woche nachdem er Ostern ohne
Besuchserlaubnis in der Todeszelle verbringen musste, seine Osterhoffnung aber
noch in drei Auferstehungsliedern ausdrücken konnte.
Hans Lipp (KNA)